Porträts

In «Anders aufgewachsen» erzählen elf Menschen von ihrer Kindheit. Sie sagen, was sie erlebt haben – und wie die ersten Lebensjahre sie geprägt haben. Studioaufnahmen des Zürcher Fotografen Meinrad Schade und Kinderbilder aus dem Privatarchiv der Porträtierten ergänzen die Texte.

Sara

Ihre Eltern waren Hippie-Christen, sie selbst wollte sich mit vier in der Badewanne taufen lassen. Der Glaube blieb wichtig in ihrem Leben – doch von der Freikirche hat sie sich losgelöst.

Séni

Er wuchs in Kamerun in einer Lehmhütte und als Strassenkind auf. Terre des hommes brachte ihn als Zehnjährigen in die Schweiz, um seine Klumpfüsse zu operieren – seither bewegt er sich zwischen zwei Kulturen.

Samira

Sie tat für ihre Mutter, was sonst Mütter für ihre Kinder tun: Sie brachte ihr das Velofahren bei, packte ihre Koffer, begleitete sie zum Arzt. Die Gebrechlichkeit der Mutter schuf ein enges Bündnis – nach deren Tod begegnete die Tochter dem Leben neu.

Lilian

Sie verlor im Guerillakrieg ihre Eltern, wurde von Soldaten entführt und mit acht Jahren in die Schweiz adoptiert. Lange interessierte sie sich nicht für ihre Kindheit – bis es nicht mehr anders ging.

Maria

Sie wurde geboren als fünftes von neun Kindern einer Appenzeller Bauernfamilie. Wer Bücher las, statt auf dem Hof zu helfen, galt als faul – trotzdem schaffte sie es an die Universität.

Jasmin

Sie wurde ihrer minderjährigen Mutter kurz nach der Geburt weggenommen. Bis sie vier Jahre alt war, lebte sie in dreizehn Pflegefamilien, dann kam sie zu Adoptiveltern. Ihre Herkunft war ein Tabu – ihre Geschichte kennt sie mehrheitlich aus den Akten.

Walter

Seine Freunde waren Füchse, Affen und Bären. Noch heute ist er der Direktor des Zoos, den seine Eltern gegründet hatten – wenn er stirbt, soll seine Asche im Löwengehege verstreut werden.

Katharina

Nach dem frühen Tod ihrer Mutter wuchs sie bei deren bester Freundin auf. Ihr Vater war Priester und konnte sie nicht zu sich nehmen – doch im Verborgenen pflegte er einen engen Kontakt zu seiner Tochter.

Tania

Ihre Eltern arbeiteten als Entwicklungshelfer im Libanon und in Pakistan. Sie besuchte internationale Schulen und hatte wenig Einblick in die lokale Kultur – trotzdem war die Rückkehr in die Schweiz mit fünfzehn ein Schock.

Cornelia

Wegen einer seltenen Stoffwechselkrankheit zerstört ihr Körper sich selbst, seit sie sechs Jahre alt ist. An ihre Kindheit erinnert sie sich nur in Fragmenten – was sie sicher weiss: Ein anderes Leben will sie nicht.

Peter

Bis zur dritten Klasse wuchs er als Kind einer gutbürgerlichen Familie auf. Dann zog seine Mutter mit einer Frau zusammen. Das männliche Vorbild fehlte ihm lange – heute nennt er die zwei Frauen seine Eltern.